Mehr Recycling durch eine neue Gewerbeabfallverordnung?
Das Bundesumweltministerium hat einen ersten Arbeitsentwurf zur Novelle der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) an die Recyclingverbände verschickt. Die Neufassung soll zu mehr stofflichem Recycling von Gewerbe- und Bauabfällen führen und so der Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gerecht werden. Neben technischen Anforderungen an Sortieranlagen sieht der Entwurf auch erstmalig eine stoffliche Recyclingquote vor.
Die geltende Gewerbeabfallverordnung aus dem Jahr 2003 wird in der Entsorgungsbranche häufig als Papiertiger bezeichnet – sie ist geltendes Recht, wird jedoch in der Praxis kaum vollzogen. Dies soll sich nun ändern: Das Bundesumweltministerium will durch eine Novelle „die Getrennthaltung und das Recycling von Gewerbeabfällen und Bau- und Abbruchabfällen stärken und die Verordnung stringenter und vollzugstauglicher machen“. Hierzu ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen vorgesehen. Wichtigster Ansatzpunkt ist die verpflichtende Getrennterfassung von Papier/Pappe/Karton, Glas, Kunststoffen, Metallen, Holz und Bioabfällen beim gewerblichen Abfallerzeuger. In ähnlicher Weise wird die Trennung von Bau- und Abbruchabfällen auf Baustellen verlangt; die Vorschriften für Gewerbeabfälle gelten auch hier bis auf wenige Unterschiede im Detail. Wie bisher wird es auch in Zukunft Ausnahmen von der generellen Trennpflicht geben, etwa bei einer fehlenden technischen Möglichkeit, einer hohen Verschmutzung oder einer geringen Menge der Abfälle. Diese Gründe müssen künftig jedoch genau dokumentiert werden, wobei die Dokumentation der zuständigen Behörde jederzeit auf Verlangen vorzulegen ist. Nichtverwertbare Abfälle sollen auch künftig in einer Pflichtrestmülltonne des öffentlichen-rechtlichen Entsorgers gesammelt werden.
Vorbehandlungspflicht für Gemische
Für alle verwertbaren, nicht getrennt erfassten Abfälle sowie für Gemische, die wegen Inanspruchnahme einer Ausnahme anfallen, gilt eine Pflicht zur Vorbehandlung in einer Sortieranlage. Auch hier gelten wieder Ausnahmen mit entsprechenden Dokumentationspflichten. Schwierig dürfte es künftig für manche Sortieranlagen werden: Das Ministerium plant hohe Anforderungen an die Anlagentechnik. So werden in einer Anlage zum Arbeitsentwurf fünf Aggregate aufgelistet, die künftig für Sortieranlagen verpflichtend sein sollen. Neben Aggregaten wie Zerkleinerer, Sortierband mit Sortierkabine und Metallabscheider, die als Branchenstandard angesehen werden können, sollen künftig auch Sieb und Sichter sowie insbesondere ein Aggregat zur Separierung verschiedener Kunststoffsorten Pflicht sein. Ausreichend ist dabei auch jeweils der Einsatz gleichwertiger Komponenten. Es ist schon jetzt absehbar, dass die Frage der technischen Anforderungen eines der strittigsten Themen in den anstehenden Verbändegesprächen im Umweltministerium werden dürfte.
Neue stoffliche Recyclingquote
Zur Sicherstellung von mehr Recycling sieht der Entwurf eine Sortierquote von 85 Prozent und darüber hinaus für das sortierte Material eine stoffliche Recyclingquote von 50 Prozent vor – recht ambitionierte Vorgaben für die Sortieranlagen, zumal diese wenig Einfluss auf die Zusammensetzung der Abfallströme haben. Dazu Torsten Schmidt, Betriebsleiter der ALBA Berlin GmbH: „Die Grundpflicht zur Getrennthaltung beim Abfallerzeuger führt bereits heute dazu, dass die bei uns ankommenden Gemische immer weniger werthaltige Abfälle enthalten, die sich technisch und wirtschaftlich sinnvoll aussortieren lassen und die geforderten Qualitätskriterien der weiterverarbeitenden Recyclingbetriebe erfüllen. Eine Sortieranlage kann nur Abfallgemische in bestimmte Fraktionen zerlegen. Abfälle, die durch die gemischte Erfassung für das stoffliche Recycling unbrauchbar geworden sind, können durch einen Sortierprozess nicht wieder hergestellt werden.
Daher sind die vorgeschlagenen Recyclingquoten in der Praxis aus heutiger Sicht nicht erreichbar.“ Aus diesem Grund fordern einige Recyclingverbände und Betreiber von Sortieranlagen, die Einhaltung der Quote eher dem Abfallerzeuger anstatt den Vorbehandlungsanlagen aufzugeben. In diesem Falle würde sich eine möglichst weitgehende Abfalltrennung beim Erzeuger positiv auf die Recyclingquote auswirken. Auch hier besteht aus Sicht der Branche noch erheblicher Diskussionsbedarf.
Deutliche Kritik war auch zu hören hinsichtlich neuer Bürokratie für Sortieranlagen und Entsorgungsunternehmen: Umfangreiche Fremd- und Eigenkontrollen sollen die Einhaltung der Vorgaben nachvollziehbar sicherstellen, was zu nicht unerheblichen Dokumentations- und Nachweispflichten führt. So soll jede Sortieranlage den Überbringern von Abfällen künftig bestätigen müssen, dass sie die technischen Anforderungen und die Quoten einhält – der Abfallüberbringer muss die Kenntnisnahme der Dokumentation anschließend schriftlich bestätigen. Zudem sollen die Betreiber von Sortieranlagen den Weg des Abfalls von der Herkunft über die Sortierung bis zum weiteren Verbleib jeweils nachvollziehen und ebenfalls schriftlich schriftlichen dokumentieren.
Gesetzgebungsverfahren ab Mitte 2015 geplant
Das Bundesumweltministerium will den Arbeitsentwurf nun zunächst unter Berücksichtigung der eingereichten Verbändestellungnahmen überarbeiten. Zur näheren Besprechung mit Verbändevertretern ist für den 24. März ein Treffen im Ministerium geplant. Innerhalb der nächsten Monate soll dann ein Referentenentwurf veröffentlicht werden, bevor im zweiten Halbjahr 2015 mit einem Kabinettsbeschluss das parlamentarische Verfahren beginnt. (DIS)
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(Foto: ALBA Group)
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