„Digitalisierung – für alle eine Win-Win-Situation“
Ob Konsumgüter-, Automobil- oder Healthcare-Branche: Die Wirtschaft 4.0 nimmt Formen an. Vergleichsweise analog geprägt war bislang noch die Abfall- und Recyclingwirtschaft – doch auch hier geht der Trend ganz klar in Richtung Digitalisierung. Im Interview mit recyclingnews erläutert Felix Heinricy, CCO des Hamburger Start-ups Resourcify, die Vorteile des Abfallmanagements über eine digitale Plattform.
Mehr Effizienz, mehr Transparenz – welche Potenziale bietet die Digitalisierung von Technologien, Prozessen und Dienstleistungen in der Recyclingbranche aus Ihrer Sicht?
Felix Heinricy: Die Chancen der Digitalisierung in der Abfall- und Recyclingwirtschaft sind immens groß. Das Schöne dabei ist, dass die Branche und die Verantwortlichen erkannt haben, dass es wichtig ist, sich der Digitalisierung zu öffnen und die Vorteile zu nutzen. Viele setzen sich schon jetzt mit innovativen Themen auseinander, wie zum Beispiel der smarten Telematik, der Vernetzung interner Systeme, der digitalen Kundenkommunikation, Chat Bots und Predictive Pickups. Das freut uns natürlich sehr und zeigt, dass wir mit unseren digitalen Lösungen den richtigen Zeitpunkt getroffen haben. Konkrete Potenziale durch die Digitalisierung liegen in der starken Effizienzsteigerung im Tagesgeschäft, zum Beispiel arbeiten wir daran, dass Lkw dank smarter Auftragsoptimierung mehr Aufträge ausführen können. Dazu kommen Reduzierungen von Fehlfahrten mit Hilfe standardisierter Daten. Auch eine höhere Qualität im Kundenservice wird durch eine Erreichbarkeit rund um die Uhr und die erhöhte Nachverfolgbarkeit von Aufträgen erreicht. Somit ist die Digitalisierung für alle Parteien im Entsorgungsprozess eine Win-Win-Situation.
Mittlerweile sind verschiedene digitale Lösungen für Entsorgungsunternehmen und Abfallerzeuger auf dem Markt verfügbar – mit Ihrem Service „Mein Recycling“ etwa bringen Sie Entsorger und ihre Kunden per App zusammen. In welcher Weise profitieren die Nutzer von den neuen Möglichkeiten?
Felix Heinricy: Der klare Vorteil für unsere Nutzer ist, dass die oft unterschätzte oder als Nebentätigkeit angesehene Aufgabe des Abfallbeauftragten so vereinfacht wird, dass sie keine Last mehr ist. Stattdessen wird der Alltag spürbar erleichtert. Deswegen bieten wir auch für verschiedene Kundengruppen unterschiedliche Lösungen an. Sie können sich vorstellen, dass ein DAX-Konzern andere Anforderungen hat als die Schreinerei von nebenan. Zum Beispiel: Das DAX-Unternehmen muss valide und revisionssichere Entsorgungsdaten für den ganzen Konzern ausrechnen und bereithalten können. Die Schreinerei hingegen will einfach nur die Möglichkeit haben, am Sonntag oder nach Feierabend seine Aufträge an den Entsorger zu erteilen. Der Startpunkt für beide Kundengruppen ist dabei die digitale Auftragserteilung.
Welche weiteren konkreten Einsatzmöglichkeiten sehen Sie für neue digitale Anwendungen oder auch künstliche Intelligenz in der Abfallwirtschaft – und inwieweit müssen die Unternehmen umdenken, um die Digitalisierung als Wettbewerbsvorteil für sich nutzen zu können?
Felix Heinricy: Die Abfall- und Recyclingwirtschaft ist schon einen großen Schritt in Richtung Offenheit für die Digitalisierung gegangen. Das sieht man zum Beispiel an unseren 20 Entsorgungspartnern, die ihren Kunden digitale Services anbieten. Aber das ist nur der Anfang. Durch die Digitalisierung können wir zukünftig Big Data nutzen, um die Lkw noch effizienter auszulasten und den Kunden die Wahl des für sie passenden Service anzubieten. Künstliche Intelligenz hilft uns dabei, Analyseergebnisse besser auszuwerten, Optimierungen in der Entsorgung oder sogar schon bei der Produktion aufzudecken und die Nachvollziehbarkeit von Produkteinsätzen zu verbessern. Dabei ergänzen sich die einzelnen Schritte: Weg von der konventionellen und hin zu einer digitalen Kreislaufwirtschaft. (kth)
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